Freitag, 24. Juli 2009

Umgang mit Gefühlen

Über den Umgang mit Gefühlen herrscht allerlei Verwirrung. Das liegt schon daran, dass sehr unterschiedlich interpretiert wird, was Gefühle eigentlich sind. Die Begriffe Gefühle und Emotionen werden oft gleichbedeutend eingesetzt. Unterschiedliche Glaubenssysteme geben den Gefühlen unterschiedlich viel Stellenwert, von „agiere sie aus“ über „nur spontane Gefühle sind gute Gefühle“ bis „Gib ihnen keine Beachtung“. Nichts davon halte ich für praktizierbar und angemessen.

Gefühle werden durch (unbewusste) Gedanken erzeugt. Dies geht so blitzschnell, dass wir den „Produktionsprozess“ meist gar nicht mitbekommen. Gleichzeitig haben unsere Gefühle Auswirkungen auf unsere Gedanken. Es findet also eine Wechselwirkung statt.

Emotionen sind auf die Körperebene verdrängte sehr starke Gefühle, im Bauch angesiedelt. Oft erinnern und heutige Situationen an vergangene unangenehme Erlebnisse, an alte Traumata und wir reagieren emotional darauf. Das hat mit der jetzigen Situation meist wenig zu tun.

Das, was unbewusst wirkt, funktioniert natürlich auch bewusst. Wir können zwischen guten und schlechten Gedanken wählen und damit auch zwischen guten und schlechten Gefühlen. Was wir dafür benötigen, ist Bewusstheit, nur so können wir die Automatismen überwinden. Halte jetzt einen Moment inne und denke an etwas Schönes. Etwas, was dir Freude macht. Na, wie spürst du dies körperlich? Vielleicht kannst du ein körperliches Gefühl von Ausdehnung spüren. Wir können also gute Gefühle erschaffen. Dies gehrt auch über den Körper, über Haltung, Bewegung und Atem.

Wie kannst du mit einem unangenehmen Gefühl umgehen? Eins funktioniert nicht: Du kannst es nicht durch „Positives Denken“ wegbekommen. Denn wo soll es hin? Das ist so, also ob du im Auto unterwegs bist, eine Flasche Wasser trinkst, und wenn sie leer ist schmeißt du sie aus dem Fenster. Ist sie dann weg? Nicht wirklich.
Es wäre auch nicht klug, das Gefühl wegzudenken. Es hat eine wichtige Botschaft für dich. Es ist Bestandteil deines inneren Leitsystems und sagt dir, dass du mit dem, was du gerade denkst, sagst oder tust auf dem Holzweg bist, dass es nicht dem Erreichen deiner höchsten inneren Ziele und Werte dienst. Du kannst das Gefühl ganz einfach annehmen, es spüren. Du brauchst nicht darin aufzugehen, es nicht zu potenzieren. Höre einfach auf die Botschaft darin.
Du kannst nur loslassen, was du bereits bist anzuerkennen. Dafür brauchst du nicht in ein Drama gehen. Das Anerkennen ist ein stiller Vorgang von tiefer Präsenz. Der nächste Schritt ist das Wegnehmen der Bewertung. Nicht ein Gefühl ist schlecht, sondern unsere Bewertung. Ohne Bewertung kannst du dir erlauben, alle Gefühle zu fühlen und ihre Botschaft integrieren und etwas dabei lernen. Bleibe dabei dir selbst gegenüber wohlwollend.

Gefühle sind ein Teil unserer essenziellen Natur. Wir haben gelernt, sie zu verstecken und so fühlen wir oft nur noch wenig. Damit verlieren wir aber auch Lebensenergie. Wenn du Antriebslosigkeit, Widerwillen und Lustlosigkeit verspürst, halte inne. Welches Gefühl vermeidest du gerade? Bist du vielleicht ängstlich oder unsicher? Akzeptiere es, erlaube dir, dies zu fühlen. Erst im Zustand von Akzeptanz wird das Gefühl gehen oder sich wandeln. Wir verbinden schmerzhafte Gefühle oft mit einem Dauerzustand. Doch so ist das nicht. Gefühle sind meist von kurzer Dauer. Wenn du länger als sieben Minuten in einem Gefühl hängst, überprüfe mal deine Gedankenkonstruktionen. Wenn du gar nicht daraus kommst, entwickle ein starkes Gefühl von Dankbarkeit für alles, was jetzt in deinem Leben gut läuft. Somit veränderst du den Fokus der Aufmerksamkeit.

Du hast also Wahlfreiheit. Du kannst ein Gefühl verdrängen, ausagieren oder anerkennen.


Eine gute Übung, mit eigenen unangenehmen Gefühlen und Leidsituationen (auch anderer) umzugehen, ist die Atisha-Herzmeditation:

Erste Phase - Herzenergie fühlen
Sitze bequem mit sanfter Musik, schließe die Augen, lege eine Hand auf dein Herz. Atme sanft in dein Herz. Fühle die Energie des Herzens. Fühle noch einmal die Liebe, die du gespürt hast, als dir ein Freund wiederbegegnete, den du liebst. Erinnere dich an einen wunderschönen Sonnenuntergang oder an eine Blüte. Erinnere dich an einen schönen Moment und lass ihn dein Herz erfüllen. Bleibe in dieser Herzenergie für etwa 10 Minuten.

Zweite Phase - Leid einatmen, Seligkeit ausatmen
Bleibe sitzen und halte die Augen geschlossen. Wenn du einatmest, atme das Unglück aller Wesen dieser Welt ein - das Unglück der Vergangenheit, der Gegenwart, der Zukunft. Wenn du ausatmest, atme die ganze Freude, die du hast, aus. Die ganze Glückseligkeit, die du im Herzen hast, atme sie jetzt aus. Verströme sie ins Universum. So entsteht Mitgefühl: Trinke das Leid und verströme die Segnungen.
Beginne mit deinem eigenen Leid, gehe weiter zu Familie und Freunden, dann Nachbarn und dann der ganzen Welt. Atme für etwa 15 Minuten ruhig ein und aus.

Dritte Phase - Tanzen, Feiern
Tanze sanft, schwinge mit der Liebesenergie deines Herzens. Bewege dich, feiere. Liebe dich selbst und fühle, wie dich die Existenz liebt. Feiere etwa 10 Minuten lang. Wenn du magst, tanze zu leichter, freundlicher Musik.

Vierte Phase - Still sein, genießen
Setze dich oder lege dich hin, sei still und bewege dich möglichst nicht. Entspanne in die Leichtigkeit der Liebe. Bleibe für etwa 10 Minuten still liegen und genieße.

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